Mittwoch, 28. Mai 2008

Nachtarbeit als krebsfördernd eingestuft

30.11.2007

Nachtarbeit erhöht das Krebsrisiko. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungszentrum der Weltgesundheitsorganisation WHO. Nachtarbeit muss demnach als »wahrscheinlich krebserregend« eingestuft werden, ähnlich wie bleihaltige Farbe oder UV-Licht.

Das Internationale Krebs-Forschungszentrum (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte zahlreiche Studien zum Thema ausgewertet. Das Ergebnis: Wechselnde Schichten mit Nachtarbeit wurden genauso als »wahrscheinlich krebserregend« eingestuft wie gefährliche Substanzen wie Bleifarbe, ultraviolette Strahlen oder PCB. Die neue Risikobewertung basiert vorrangig auf der Untersuchung von Frauen, die nachts arbeiten.

Nachtarbeit im Schichtdienst mit unregelmäßigen Arbeitsperioden bringe die biologische Uhr durcheinander und sei daher gesundheitsschädlich, erläutert der Forscher Vincent Cogliano vom IARC. Krankenschwestern und Stewardessen, die über lange Zeit immer wieder nachts arbeiten, haben demzufolge eindeutig ein höheres Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Der Wissenschaftler weist gleichzeitig darauf hin, dass dieses Risiko nicht doppelt so hoch sei wie bei Menschen ohne Nachtschichten und deshalb von den Experten als »mäßig« eingestuft werde. Aber, so fügt der Epidemiologe hinzu, »es ist ein reales Risiko«.

Die Ergebnisse von Studien an Frauen stimmten mit Tierstudien überein, denen zufolge ständige nächtliche Beleuchtung oder Uhrzeitverschiebungen wie beim Jet Lag das Auftreten von Tumoren begünstigt. Experten vermuten, dass die Gesundheitsschädigung durch Störungen des 24-Stunden-Rhythmus des Menschen ausgelöst wird.

Licht unterbricht die Produktion des Hormons Melatonin, das der Körper normalerweise nachts ausschüttet. Die Unterdrückung des Melatonins begünstigt demnach die Entstehung von Tumoren, während die Veränderung des Schlaf-Wach-Rhythmus bestimmte Mechanismen beeinträchtigt, was ebenfalls im Zusammenhang mit der Tumor-Entstehung stehen könnte. Betroffen seien etwa Prozesse wie Zellteilung und die Reparatur beschädigter DNA

Dass Schlafentzug und Melatoninmangel zudem das Immunsystem schwächten, sei schon vorher bekannt gewesen, sagte Cogliano. Einschränkend fügte er jedoch hinzu, dass die ausgewerteten Studien vorrangig Frauen beträfen und zusätzliche Informationen über Männer und Nachtarbeit noch fehlten.

Außerdem seien gewisse Fehlerquoten nicht auszuschließen, da zum Beispiel Stewardessen auch mehr kosmischer Strahlung ausgesetzt seien. Dass bei Piloten nachweislich häufiger Prostata-Krebs diagnostiziert werde als bei anderen Berufsgruppen, könne auch daran liegen, dass sie besonders gewissenhaft alle Vorsorgeuntersuchungen einhalten müssen. »Deshalb sind ergänzende Studien notwendig, um mögliche Risiken in anderen Berufsgruppen und vor allem bei Männern noch genauer zu untersuchen«, sagte der Wissenschaftler.

cis/AFP

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Nachtarbeit erhöht Brustkrebsrisiko

Biologische Uhr wird irritiert

19.05.06

Krankenschwestern und andere »Nacht-Arbeiterinnen« haben ein deutlich höheres Brustkrebsrisiko als Frauen mit konventionellen Arbeitszeiten. Eine der Ursachen: sie produzieren zu wenig Melatonin.
Frauen, die über viele Jahre nachts arbeiten, beispielsweise Krankenschwestern, haben ein deutlich höheres Brustkrebsrisiko als Frauen mit konventionellen Arbeitszeiten. Das ist das Ergebnis von Untersuchungen an der Havard Medical School in Boston.

Danach steigt nach 20 Jahren regelmäßiger Nachtarbeit das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, um bis zu 80 Prozent. Prof. Eva S. Schernhammer, Boston, geht davon aus, dass sich im Mittel ein Anstieg von 50 Prozent ergibt. In der Studie waren rund 115.000 Frauen untersucht worden. Dabei wurden 1.352 Krebsfälle registriert, die laut Schernhammer auf Nachtarbeit zurück zu führen seien.

Als eine der Ursachen gilt das neurosekretorischen Hormon Melatonin, das nur während der Nachtphase produziert und morgens gegen vier Uhr ausgeschüttet wird. Danach steigt der Melatonin-Spiegel bis gegen Mittag auf seinen Höchstwert, um gegen Abend dann wieder deutlich abzusinken. Werde nachts gearbeitet, könne Melatonin nur in beschränktem Maße produziert werden. Beeinflusst werde die Produktion beziehungsweise Verarbeitung des Hormons durch das Tageslicht im Hell-Dunkel-Rhythmus. Negative Einflussfaktoren sind Übergewicht sowie übermäßiger Alkohol- und Nikotinkonsum. Auch häufiges Aufwachen in der Nacht störe die Melatoninproduktion und wirke sich empfindlich auf den Stoffwechselkreislauf aus. Ein intakter Stoffwechselkreislauf trägt wesentlich mit dazu bei, das Immunsystem zu stärken und die Entstehung von Krebs zu verhindern.


Clockgene trimmen den Körper auf 24-Stunden-Rhythmus

Der Melatoninkreislauf stellt sich beim Menschen ab dem vierten Monat ein. So genannte Clockgene sorgen dann dafür, dass sich der Tag-Nacht-Rhythmus im Stoffwechsel einpendelt, wobei die biologische Uhr den 25-Stunden-Rhythmus auf 24 Stunden herunter reguliert. Melatoninrezeptoren befinden sich nach dieser Studie auch im Augapfel, weshalb auch Blinde vom Hell-Dunkel-Rhythmus der Melatoninproduktion profitieren. Entferne man allerdings das Auge aus kosmetischen oder anderen Gründen, käme es, so Schernhammer, zu einer massiven Störung dieser Hormonproduktion und damit auch zu einem erhöhten Krebsrisiko.

Ob und inwieweit die Entstehung weiterer Krebsarten mit einem gestörten Melatoninkreislauf in Zusammenhang stehen, ist laut Schernhammer noch nicht hinreichend erforscht. Es wird jedoch vermutet, dass auch die Entstehung von Dickdarmkrebs und eventuell weiterer Weichteiltumore damit in Verbindung stehen können.

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Studie: Nachtarbeit erhöht Dickdarmkrebsrisiko

13.6.03

Die österreichische Medizinerin Eva Schernhammer erforscht seit Jahren die Auswirkungen von Nachtarbeit auf die Gesundheit. In einer aktuellen Studie nahm sich die Wissenschaftlerin nun dem Einfluss auf Dickdarmkrebs an: Wer demnach über fünfzehn oder mehr Jahre hinweg mindestens dreimal pro Woche nachts arbeitet, weist ein um 35 Prozent erhöhtes Dickdarmkrebs-Risiko auf. Ursache dafür könnte die unterdrückte Melatonin-Produktion sein.

Das ist das Ergebnis einer Langzeitstudie an knapp 80.000 Krankenschwestern, die am Brigham and Women's Hospital in Boston durchgeführt wurde. Die Erkenntnisse wurden kürzlich im »Journal of the National Cancer Institute« publiziert.


Tag- Nachtrhythmus reguliert Melatonin-Bildung

Das Wechselspiel von Licht und Dunkelheit löst im Körper einen hormonellen Rhythmus aus - diesen über einen längeren Zeitraum regelmäßig zu stören, kann gesundheitsschädigend sein.

Hauptprotagonist des nächtlichen Zyklus ist das Hormon Melatonin, dessen Bildungsstätte in der Zirbeldrüse im Gehirn sehr sensibel auf die Helligkeit draußen reagiert. Wenn man sich in der Nacht ständig offenen Auges in lichterfüllten Räumen aufhält, führt das dazu, dass die Melatonin-Produktion unterdrückt wird.


Zudem erhöhtes Brustkrebsrisiko

Außerdem reguliert Melatonin die Bildung eines anderen Hormons, des Östrogens. Das wiederum steht - unter anderem - in engem Zusammenhang mit der Entstehung von Brustkrebs. Auch das Brustkrebsrisiko steigt bei regelmäßiger Nachtarbeit über viele Jahre hinweg, wie schon einige frühere Studien zeigen.

Die Vermutung lag also nahe, dass Nachtarbeit über den Vermittler Melatonin den Östrogen-Haushalt im Körper durcheinander bringt und so das Risiko von Krankheiten, die damit zusammenhängen - wie eben Brustkrebs - erhöht.


Krebsschützende Wirkung von Melatonin

Erhöhtes Brustkrebsrisiko durch veränderte Östrogen-Spiegel ist aber nur ein Teil der Geschichte, meint Studienautorin Eva Schernhammer im ORF-Interview.

Denn Melatonin hat, wie schon lange vermutet wird, auch selbst eine krebsschützende Wirkung: Es bindet an Zellen, kann Zellen bei der Teilung blockieren, greift in einen Mechanismus des natürlichen Zelltods ein und wirkt ähnlich wie Vitamin C als Antioxidant.


Test: Erkrankungen unabhängig vom Östrogen

Die krebsschützende Wirkung des Melatonins selbst war für Eva Schernhammer bisher zu wenig beachtet. Um diese Eigenschaft zu testen, musste man sich daher eine andere Krankheit suchen, die nicht direkt mit dem Östrogen-Haushalt zusammenhängt.

»Für Dickdarmtumore war die Evidenz aus Tierversuchen am stärksten, daher haben wir uns gedacht, wir schauen einmal , ob Nachtarbeit möglicherweise auch mit Dickdarmkrebs verbunden ist.«

Für eine solche Untersuchung braucht man riesige Datenmengen, detailreich und genau über einen langen Zeitraum gesammelt. Das war mit ein Grund, weshalb Eva Schernhammer an das Brigham and Women's Hospital nach Boston gegangen ist.


Um 35 Prozent erhöhtes Risiko

Das Studienergebnis war deutlich: mehr als dreimal Nachtarbeit pro Monat über mindestens fünfzehn Jahre hinweg erhöht das Dickdarmkrebsrisiko um 35 Prozent. Alle bisherigen Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass die unterdrückte Melatonin-Produktion dafür verantwortlich ist.

In neuen Studien will man jetzt versuchen, dies - erstmals beim Menschen - anhand von Blutproben auch experimentell nachzuweisen.

Sollten weitere Forschungen den Zusammenhang zwischen unterdrückter Melatonin-Produktion und erhöhtem Krebsrisiko bestätigen, kann man auch überlegen, wie dieser Gefahr dort, wo Nachtarbeit einfach notwendig ist, vorzubeugen wäre.


Beispiel: Rotes Licht weniger gefährlich

Möglich wäre zum Beispiel, genauer auf die nächtlichen Lichtquellen zu achten - denn nicht jedes Licht stört gleichermaßen. Besonders stark beeinflusst wird die Zirbeldrüse, wo das Melatonin produziert wird, durch kurzwelliges, blaues Licht, wie es beispielsweise von Halogenlampen ausgestrahlt wird.

Weniger schädlich sind »warme« Lichtquellen mit einem stärkeren Rotanteil, wie etwa die normale Glühbirne.


Einfluss durch Dienstplan und Medikamente

Auch Dienstplan und Rotationsprinzip könnten einen Einfluss darauf haben, wie stark die Melatonin-Produktion gestört wird. Eingehende Untersuchungen dazu gibt es aber noch nicht.

Und schließlich sind Melatonin-Präparate als Medikament denkbar - die aber noch deutlich weiter entwickelt sein müssten als jene, die es heute bereits am Markt gibt.

Ein Beitrag von Birgit Dalheimer für die Sendung »Dimensionen« am Freitag (13.6.03), um 19.05 Uhr in Ö1.

Großangelegte Untersuchung: "Nurses' Health Study"
Am Brigham and Women's Hospital in Boston hat man 1976 mit einer großangelegten Studie, der "Nurses' Health Study", begonnen. Von ursprünglich über 121.000 Krankenschwestern wurden in regelmäßigen Abständen mittels Fragebögen Daten über ihre Lebensumstände und ihren Gesundheitszustand aufgenommen. 1988 wurden dann aus der Studie all diejenigen Krankenschwestern ausgewählt, die auch Angaben zu ihren Nachtdiensten machten - immer noch knapp 80.000, deren Gesundheitszustand dann weitere zehn Jahre mit besonderem Augenmerk auf die Häufigkeit von Dickdarmkrebs verfolgt wurde.

Eva S. Schernhammer, Francine Laden, Frank E. Speizer, Walter C. Willett, David J. Hunter, Ichiro Kawachi, Charles S. Fuchs, Graham A. Colditz: "Night-Shift Work and Risk of Colorectal Cancer in the Nurses' Health Study", erschienen im "Journal of the National Cancer Institute", Band 95, Nr. 11 (2003).

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