Mittwoch, 23. April 2008

Krebsbehandlung mit Artesunat, einem Artemisinin-Analoga

Archive of Oncology 2002;10(4):279-80.
Archive of Oncology 2002,10(4):279-280©2002,Institute of Oncology Sremska Kamenica, Yugoslavia

Fallbericht eines Kehlkopfkarzinoms, welches mit Artesunat behandelt wurde

Der gegenwärtige Bericht beschreibt die Behandlung eines Patienten mit einem Kehlkopfkarzinom mit einem wasserlöslichen Artemisinin-Analoga, dem Artesunat. Artemisinin ist ein neuartiges Anti-Krebs-Medikament, welches sich erfolgreich darin erwies, Krebszellen abzutöten. Artesunat-Injektionen und-Tabletten wurden dem Patienten über einen Zeitraum von neun Monaten verabreicht. Der Tumor wurde nach zwei Monaten Behandlung signifikant reduziert (um 70 Prozent). Im Allgemeinen war die Behandlung mit Artesunat in Bezug zur Verlängerung der Lebenszeit und zur Steigerung der Lebensqualität des Patienten vorteilhaft. Artemisinin und seine Analoga bieten sich als vielversprechendes Medikament für eine Krebstherapie an.

Einleitung
Schätzungsweise ein Prozent aller Krebserkrankungen haben ihren Ursprung im Kehlkopf und das Kehlkopfkarzinom macht etwa 45 Prozent der Karzinome am Kopf und am Hals aus [1]. Die Mehrheit der Kehlkopfkarzinome sind Plattenepithelkarzinome. Krebs im Kehlkopfbereich wird vorwiegend bei Männern über 50 vorgefunden. Es steht oft in Verbindung mit einer exzessiven Verwendung von Tabak und Alkohol. Die üblichen Behandlungsmethoden der Patienten mit einem Kehlkopfkarzinom sind Strahlentherapie, Operation und Chemotherapie.

In diesem Fallbericht haben wir eine neuartige Therapie zur Behandlung des Kehlkopfkarzinoms angewendet, indem wir Artesunat, ein Analoga des anti-Malaria-Medikaments Artemisinin dabei eingesetzt haben. Artemisinin ist ein Sesquiterpenlacton, welches aus der Pflanze Artemisia annua L. (Beifuss oder Wermut) isoliert wurde. Das Artemisinin-Molekül besitzt eine endoperoxide Brücke, die mit den Eisen-Atomen reagiert und freie Radikale freisetzt [2], die makromolekulare Schäden verursachen und schliesslich den Zelltod einleiten (Apoptose). Da Krebszellen über den Transferrin-rezeptor-Mechanismus eine erhöhte Aufnahme von Eisen aufweisen, sind sie anfälliger für diesen zytotoxischen Effekt des Artemisinin. Das anti-Krebs-Potenzial von einem Artemisinin-Analoga wurde in vitro mit vielversprechenden Resultaten studiert [3, 4]. Dieser Report ist der erste bezüglich der Anwendung von Artemisinin am Menschen.

Fallbericht
Ein 22-jähriger, vegetarisch lebender Mann mit einem langen Gebrauch von Kautabak und langjähriger Raucher wurde am 15. Dezember 2000 in die Vivekanand-Klinik Meerut, Indien eingewiesen. Der Patient hat sich über fortgeschrittene Heiserkeit und über den Verlust des Appetits und seines Gewichts über den Zeitraum von acht Monaten beklagt. Die letzten sechs Monate bemerkte er wiederkehrende Schwierigkeiten feste Nahrung herunterzuschlucken, die mit der Zeit zunahmen. Vier Monate vor der Einweisung in die Klinik bemerkte der Patient Schmerzen im rechten Ohr. Er beschrieb ihn als einen stechenden Schmerz, mit einer durchschnittlichen Intensität, der zeitweise auftrat, ohne sich kreisförmig auszubereiten. Zwei Monate vor der Einweisung in die Klinik bemerkte der Patient ebenso Schmerzen auf der rechten Seite des Halses, unterhalb der Kinnbacken. Der Schmerz war von einer leichten Intensität, der zeitweise auftrat und der sich nicht kreisförmig ausbreitete. 15 Tage vor der Einweisung in die Klinik war es dem Patienten nicht möglich gewesen geringe Mengen an Nahrung herunterzuschlucken. Sobald er feste Nahrung zu sich nahm, erbrach er sie mit einem Hustreflex. Im Erbrochenem war Blut enthalten. Am Tag der Einweisung in die Klinik zeigte der Patient: 1) signifikante Schwierigkeiten feste Nahrung herunterzuschlucken; 2) Heiserkeit in seiner Stimme; and 3) Beschwerden im rechten Ohr und in der rechten Seite des Halses, unterhalb der Kinnbacken. Eine nähere Untersuchung brachte erweiterte Lymphknoten auf der rechten Seite des Halses zu Tage. Eine Untersuchung des Kehlkopfes zeigte eine Wucherung der rechten Seite des Kehlkopfes. Die Wucherung befiel bereits das rechte Stimmband, die rechte pyriform fossa, die Bauchseite des Kehldeckels und das angrenzende Gewebe der lateralen pharyngealen Wand. Die Oberfläche und das Wachstum war unregelmäßig, knotenförmig, vereitert und sie blutete bei Berührung. Die Größe der Wucherung betrug schätzungsweise 3 cm x 2,5 cm x 3 cm = 22,5 cm³. Die Diagnose war ein Krebs des Kehlkopfes der Stufe zwei (T2 N1 M0). Eine Diagnose des differenzierten Plattenepithelkarzinoms zur histologischen Untersuchung einer Biopsie über den Wachstum wurde ebenso durchgeführt. Nach der Einwilligung des Patienten wurde die Artesunat-Behandlung am 22. Januar 2001 begonnen. Am ersten Tag der Behandlung wurde eine Kapsel, die Eisen-Sulfat (150 mg) und Folsäure (0,5 mg) enthielt, nach dem Essen um 14:00 Uhr oral verabreicht. Artesunat-Injektionen (60 mg I.M. am Tag; Cadila Healthcare Ltd., Ahmedabad, India) wurden vom 1. Tag (22. Januar 2001) bis zum 15. Tag (5. Februar 2000 1) täglich um 22:00 Uhr verabreicht. Eine Artesunat-Tablette (50 mg; Cadila Healthcare Ltd., Ahmedabad, India) wurde täglich nach dem Abendessen ab dem 16. Tag (6. Februar 2001) von Patienten eingenommen. Der Patient hat seit Beginn der Behandlung körperliche Übungen mit Gewichten begonnen. Falls weitere Details bezüglich der Therapie von Interesse sind, so können Sie beim ersten Autor angefordert werden.
Der Patient hatte vom 4. bis zum 7. Tag der Behandlung Fieber. Nach dem Beginn der Behandlung bildete sich seine Heiserkeit schrittweise zurück. Nach zwei Wochen Behandlungszeit wurde seine Stimme wieder klar. Der Patient konnte wieder ohne weiteres feste Nahrung zu sich nehmen. Der Patient erlangte wieder einen kräftigen Appetit zurück. Klinische Untersuchungen ergaben, dass die Lymphknoten im Hals sich in ihrer Größe reduziert haben. Eine Untersuchung am 25. März 2001 im Rachenraum ergab eine Wucherung, welche das rechte Stimmband, die rechte pyriform fossa, die Bauchseite des Kehldeckels und das angrenzende Gewebe der lateralen pharyngealen Wand befiel. Die Größe der Wucherung betrug ungefähr 2,25 cm x 2 cm x 1.5 cm = 6,75 cm³, die signifikant um 70 Prozent von ihrer ursprünglichen Größe reduziert wurde (22,3 cm³ - 6,75 cm³ = 15,75 cm³, was einer Reduktion um 70 Prozent entspricht). Die Wucherung war nicht-knotenartig und sie eiterte nicht. Der Patient gewann in den zwei Monaten seit Beginn der Behandlung zwei Kilogramm an Körpergewicht hinzu und er fühlte sich körperlich und psychisch stark. In einer nicht in Beziehung stehenden Anmerkung wies der Patient Leukoderma-Flecken um seinen Mund herum und auf den Fingern seiner beiden Hände auf, welche in den neun Monaten ebenso gut auf die Behandlung mit Artesunat reagiert haben.

Diskussion
Dies ist der erste Report der sich mit der Anwendung einer täglichen Dosis von Artesunat zur Krebsbehandlung befasst. Wie vorhin bereits erwähnt, tötet Artemisinin nach der Inkubation mit holotransferrin selektiv MOLT-4 lymphoblastoide Zellen (eine menschliche Zelllinie der Leukämie) ab [3], während die gleiche Behandlung signifikant weniger Auswirkungen auf gesunde menschliche Lymphozyten zeigte. Ein ähnlicher Effekt konnte mit menschlichen Brustkrebszellen beobachtet werden [4]. Darüber hinaus haben wir herausgefunden, dass die orale Zuführung eines Artemisinin-Analoga und Eisensulfat das Wachstum von verpflanzten Fibrosarcoma-Tumoren in Ratten verlangsamten [5]. Eine neuere Studie zeigte ebenso, dass das Artesunat effektiv das Wachstum von verschiedenen Brustkrebsarten in vitro verlangsamen kann [6]. Ohne Behandlung sterben Patienten mit Kehlkopfkarzinom durchschnittlich nach 12 Monaten [1]. Der Patient lebte fast ein Jahr und acht Monate (bis er am 11. Januar 2002 aufgrund einer Lungenentzündung verstarb) nach dem Auftreten der ersten Symptome, obwohl die Behandlung nach neun Monaten unterbrochen wurde. Wenn man die Faktoren berücksichtigt, die diesen Fall erschwert haben, inklusive der Unterbrechung der Behandlung und die Diagnose der Erkrankung in einem späten Stadium, sind wir der Ansicht, dass Artemisinin sowohl bei der Verlängerung des Lebens als auch bei der Verbesserung der Lebensqualität des Patienten erfolgreich gewesen war.

Die Beobachtungen, dass der Patient seine Stimme, ebenso seinen Appetit und sein Gewicht nach einer relativ kurzen Zeit mit Artesunat wiedererlangt hat, und die Tatsache, dass der Tumor in seiner Größe signifikant reduziert wurde (um 70 Prozent), wobei offensichtlich keine anderen schädlichen Nebenwirkungen beobachtet werden konnten, zeigt auf, dass dies eine effektive und kostengünstige Behandlungsalternative für Krebs sein kann, insbesondere bei Fällen, bei denen die zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden durch die sehr späte Diagnose sehr limitiert sind. Seit diesem Fall haben mehrere Patienten mit unterschiedlichen Krebserkrankungen eine Behandlung mit Artemisinin und seinen Analoga mit bereits vielversprechenden Resultaten begonnen. Wir sind der Ansicht, dass diese neuartige Therapie das Potenzial besitzt, verschiedenartigen Krebserkrankungen vorzubeugen und sie zu behandeln, da diese Methode mittels eines einfachen Mechanismus funktioniert, der bei allen Krebszellen verbreitet ist (das heisst eine Zunahme der Eisenaufnahme).

Referenzen
1. Belafsky PC. Laryngeal Cancer. San Diego Center for Voice and Swallowing Disorders. Available from URL: http://www.sandiegovoice.org/larynxca.html
2. Zhang F, Gosser DK Jr, Meshnick SR. Hemin-catalyzed decomposition of artemisinin (qinghaosu). Biochem Pharmacol 1992;43:1805-1809.
3. Lai H, Singh NP. Selective cancer cell cytotoxicity from exposure to dihy-droartemisinin and holotransferrin. Cancer Lett 1995; 91:41-46.
4.Singh NP, Lai H. Selective toxicity of dihydroartemisinin and holotransferrin toward human breast cancer cells. Life Sci 2001; 70:49-56.
5.Moore JC, Lai H, Li J-R, McDougall JA, Singh NP, Chou CK. Oral administration of dihydroartemisinin and ferrous sulfate retarded implanted fibrosarcoma growth in the rat. Cancer Lett 1995; 98: 83-87.
6. Efferth T, Dunstan H, Sauerbrey A, Miyachi H, Chitambar CR. The anti-malarial artesunate is also active against cancer. Int J Oncol 2001;18:767-773.

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